Sonntag, 11. Januar 2015

Regeln müssen sein

Nach vielem hin und her haben wir die Regeln für das Experiment „60 Tage vegan“ festgelegt, das übrigens vom 12.1.2015 bis zum 13.3.2015 gehen wird. Als erste und wichtigste Regel steht die folgende:
Du sollst in den nächsten 60 Tagen keine tierischen Produkte zu dir nehmen
Der Eine oder Andere denkt sich wahrscheinlich das diese Regel überflüssig zu erwähnen ist. Aber sie hat ihre Bewandtnis da sie festhält, dass die vegane Zeit sich ausschließlich auf das Essen bezieht. Wer ein richtiger Veganer sein will, lebt auch vegan. Und vegan leben bedeutet noch einiges mehr als nur sich vegan zu ernähren. Triviales Beispiel ist mein Gürtel. Er sorgt nicht nur dafür das meine Hose sich perfekt an meinem Bauch anschmiegt und nicht in einem ungünstigen Moment in die Kniekehlen rutscht, sondern er ist auch aus Leder. Das bedeutet das für einen Gürtel ein armes Gürteltier, in meinem Fall ein Schwein, nicht nur sterben musste, sondern ihm auch die Haut vom Leibe gerissen, in Urin eingelegt wurde. Für einen echten Veganer inakzeptabel. Auch mein Pullover aus Angorawolle, meine Bettwäsche aus Seide, mein Pelzmantel aus Nerzfell, mein Daunenbett und meine Schafwollmütze wären Tabu. Über die Vielzahl an Lacklederklamotten im Schlafzimmer denke ich mal lieber gar nicht erst nach. Außerdem müsste ich mich wahrscheinlich zu Fuß zur Arbeit bewegen da ich fürchte mein Lenkrad hat einen echten Lederüberzug und mein Fahrrad einen Ledersitz. Mit all diesen Einschränkungen, dehnen ich zum Glück nicht unterworfen werde, scheint einem die Veganchallenge doch gar nicht mehr so schlimm vorzukommen.

Die zweite Regel hat mich letztes mal an den Rand der Verzweiflung getrieben.
Du sollst keinen unnötigen Zucker essen
Ein kalter Schauer überkommt mich noch jetzt, wenn ich daran denke wie ich mich die erste Woche gefühlt habe. Zucker ist in fast jedem Supermarktprodukt und macht süchtig. Die beiden K (Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten) werden in der ersten Woche wohl mein ständiger Begleiter sein. Das schlimme daran ist das es die einzige Regel ist die ich als Sinnvoll erachte. Jeder der mal versucht hat auch nur eine Woche ohne zusätzlichen Zucker zu leben wird das Nachvollziehen können. Es zeigt einem wie abhängig man doch von einem so unscheinbaren Suchtmittel ist.

Die dritte Regel ist glücklicherweise nicht nicht so dramatisch umzusetzen
Du sollst keine Suchtmittel zu dir nehmen
Um das Ganze noch etwas zu konkretisieren. Gemeint sind Alkohol, Zigaretten und Kaffee. Nichts davon wird mir wirklich schwer fallen. Alkohol trinke ich normalerweise nur in Gesellschaft. Da diese sich in den nächsten 60 Tagen von mir fern halten wird besteht somit eigentlich keine Gefahr auf einer wilden Party doch weich zu werden. Da Zigaretten und Alkohol zusammengehören wie RTL2 und zweitklassige Flugzeugkatastrophenfilme, sehe ich an dieser Stelle auch keine Gefahr. Soziale Ausgrenzung = kein Alkoholgenuss = kein Rauchwarenkonsum.
Für alle die noch versuchen sich vorzustellen wie ein Leben ohne Kaffee aussehen könnte, dürfen das an mir gerne beobachten. Letztes Jahr habe ich einen kalten Entzug durchgemacht. Von ca. 1 Liter türkisch Kaffee am Tag hin zu 1,5 Liter Tee. Nach 30 Tagen war das Wort Pause nicht mehr untrennbar mit dem Wort Kaffee verbunden was dazu geführt hat das ich auch nicht wieder mit der Droge Kaffee angefangen habe. Somit ist diese Regel für mich keine Herausforderung. Bei meiner Frau sieht das ganze aber schon etwas anders aus. Auch wenn sie letztes mal tapfer 30 Tage ohne Kaffee durchgehalten hat, war es das Erste was sie nach den 30 Tagen haben wollte. Dieser riesige dampfende Pott Kaffee hat sie so glücklich gemacht, dass ich mich seit dem Frage ob es zum Hochzeitstag nicht einfacher wäre sie in eine Kaffeerösterei einzuladen als in ein Restaurant. Diese Regel wurde bei uns dementsprechend heiß diskutiert. Es wurde festgehalten das Kaffee für meine Frau kein Suchtmittel sondern ein Genussmittel ist. Da Attila ja möchte das wir die nächsten 60 Tage genießen ist Kaffee also für sie legitim. Ich sehe das Ganze anders. Kaffee ist für mich dementsprechend Tabu. Ich könnte jetzt etwas über Inkonsequenz schreiben. Da meine nächsten 60 Tage aber auch viel von der Vorbereitung meiner Frau abhängen tue ich das natürlich nicht sondern hoffe nur das ihr der Kaffee in den bevorstehenden 60 veganen Tagen  Schluck ein Lächeln auf die Lippen zaubern wird. Kopi Luwak ist aber Tabu.

Die vierte Regel lautet
Du sollst kein Weißmehl konsumieren
Eine bescheuerte Regel da sie das vegane Leben um einiges schwerer macht. 95% alle Backwaren beim Bäcker sind damit gestrichen und die restlichen 5% enthalten mehr Zucker als ein Glas Nutella. Auch Nudeln sind somit größtenteils tabu. Ich mag die Regel nicht das sie in die Low Carb Ecke zu stecken ist und nur darauf abzielt das ich in der Zeit auch Gewicht verliere. Der Effekt lässt vegane Ernährung als besondern kalorienarm erscheinen was sie aber nicht zwingend ist. Aber ich werde mich fügen.

Das waren die grundlegenden Ernährungsregeln die so eigentlich auch schon letztes mal als Basis dienten. Jeder Verstoß gegen die Regeln wird mit 3 Tagen Verlängerung bestraft. Letztes mal haben wir beide unabhängig von einander am selben Tag gesündigt und uns diese 3 Tage eingefangen. Interessanterweise beide bei der Zuckerregel da wir im Auto unbewusst in die Fisherman ́s Friend Packung gegriffen haben. Das erinnert mich daran den Naschkram aus dem Auto zu werfen damit uns das bei diesem Mal nicht wieder passiert. Es gibt noch zwei Nebenbedingungen. Wir haben auch über diese lange diskutiert, aber entscheiden das ein Zwang hier kontraproduktiv ist. Somit werden diese Bedingungen von jedem so gehandhabt wie er es für richtig hält. Doch dazu morgen mehr.

Alles in allem wird es eine anstrengende und kochintensive Zeit. Doch in allem sollte man etwas positives sehen. Mir wurde heute zum Beispiel von meiner Schwiegermutter Kassler zum Mittag und Käse-Hack-Lauchsuppe zum Abendessen gemacht. Ein wirklich leckere Henkersmahlzeit und das wahrscheinlich letzte Mal für die nächsten 60 Tage das ein Schwein meinen Körper von innen sehen durfte.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen